Mittwoch, 17. August 2016

Tag 22/23

7.00 Treffen mit Willer Tours, die uns angeblich sicher auf den Gipfel des Fuji bringen wollen, am Shinjuku-Bahnhof, eine Station von unserem Hotel entfernt. Kann ja gar nicht so schwer sein. Trotzdem wahnsinnig zeitig los, Hotel ausgecheckt, Koffer zurückgelassen, denn wenn alles gut geht, sind wir ja morgen Abend wieder zurück.

Am Shinjuku-Bahnhof in Tokio treffen sich jeden Tag 3 Millionen Pendler. Das ist dann natürlich nicht mit Freital zu vergleichen, oder irgendeinem Bahnhof in Berlin, aber dass das dann so kompliziert wird (es gibt allein 17 Ausgänge in zwei Bahnhöfen in denen sich 7 Linien treffen), unsere Busabfahrtstelle zu finden, da hat sich auf nüchternen Magen schon mal ein bisschen Stress breit gemacht.
Willer-Tours sind erstens nicht das einzige Unternehmen, was Busreisen zum Fuji anbietet  und das ist auch kein Busbahnhof, sondern ein Stadtgebiet mit Wolkenkratzern.
Kurz vorm Heulen (Sylke), haben wir den Bus gefunden. Seufz. (Anmerkung der Redaktion: Sylke reist mit einem Pfadfinder).

Schnell noch mal aufs Klo. Da hing dann das folgende Bild




















Ich konnte ja wieder lachen, denn der Bus stand irgendwo oben und ich war unten im Shinjuku-Bahnhof nur mal kurz pinkeln. „Bitte helfen Sie alten Leuten, wenn die mal aufs Klo müssen!“ Aber das Zeichen „Bitte helfen Sie alten Leuten, damit die auch ihren Bus nach dem pinkeln wieder finden!“, das gibt es hier in Japan noch nicht. Einmal falsch abgebogen und schon sah alles anders aus. Ich erspare Euch meine hektische Atmung. Irgendwie habe ich den Bus gefunden, aber ich habe 30 min gebraucht, mich wieder zu beruhigen. (Merke, Frauen sollten am besten zu zweit aufs Klo gehen. Machen wir ja auch normaler weise.)




















Unsere Reisegesellschaft war eine Truppe, wo man denken würde, hier wird die Inklusion gelebt, die wir in Deutschland mühsam einführen wollen. Ein Typ aus Amerika hatte sein Reisegepäck für sieben Wochen dabei (und hat es auch brav mit auf den Berg geschleppt), eine junge Frau aus Pakistan ist schon nach 300 m (geraudeaus!!) vor Schwäche zusammengebrochen, ein Paar aus Schweden hatte nur kurze Hosen und drei Plastiktüten dabei, eine junge Frau aus Frankreich war von oben bis unten mit Taschen und Handtüchern behängt und sah auch sonst irgendwie aus, als ob sie nicht bis drei zählen konnte. 

Alle wurden noch ausgestattet mit Lampe, Rucksack, Wanderklamotten, Regensachen und los ging es.


















Dann haben wir den Gott Fuji persönlich das erste mal gesehen. Vor uns durch das Frontfester des Busses.

Der Fuji ist bekanntlich der höchste Berg Japans und alle finden es toll, den Sonnenaufgang auf dem Berg zu erleben. Da aber 3.700 m erstmal gemeistert werden wollen, starten die meisten Touren am Tag vorher mit einer Hüttenübernachtung, um dann früh 2.00 Uhr mit Stirnlampe das „letzte“ Stück zu gehen.

Der Fuji ist von unten bis oben an allen vier Wanderwegen auf etwas gleicher Höhe in jeweils 9 Stationen aufgeteilt. wobei die Station 9 der Gipfel ist.




















Wir sind bis zur Station 5 mit unserem Bus gefahren. 1h akklimatisieren (weil 2300m ! Anmerkung der Redaktion: Auf der Zugspitze fragt da kein Mensch nach) , als ob man auf einen 8000er steigt und dann sind wir losgewandert in einem Schneckentempo, das glaubt man kaum.
Dort war dann allerdings vom Fuji nichts mehr zu sehen, alles war neblig und trübe.

Die Reiseleiterin sagte, dass an Feiertagen schon mal 10.000 Menschen gemeinsam auf den Berg steigen, bei uns waren es 3.000 angeblich, und man hatte das Gefühl, alles ist überlaufen.




















Wir wollten eigentlich auf 3000 m in einer Hütte an der Station 8 übernachten (das ist der kleine Punkt links oben auf dem folgenden Foto), aber um 15.00 Uhr war Schluss an der Station 7. Taifunwarnung! Das Problem in Kürze: Wir steigen weiter auf, Taifun kommt, wir können weder zum Gipfel noch zurück. Zusätzlich ist die Zufahrtstrasse dann gesperrt von Station 5 zurück in die Zivilisation. Also Aufregung pur!





















Die Hoffnung stirbt immer zuletzt: Vielleicht wird alles doch nicht so schlimm. Die beiden Guides checken das Wetter in der Nacht und wecken uns entweder 2.00 Uhr um den Gipfel zu besteigen, oder 4.30 Uhr, um den Sonnenaufgang von unserer Station zu sehen.





















Alle waren also noch guter Dinge.

Zusammen mit allen Gästen in einem Raum, 40 cm Platz in der Breite, Rucksack im Bett, mein Schlafnachbar war der Typ mit dem Reisegepäck für sieben Wochen, Zähneputzen mit dem hochgeschleppten Wasser, von Waschen gar nicht zureden.

Da konnten wir um 18.00 Uhr, nach einem leckeren Abendessen (war ein Scherz) nur mit allen irgendwie in die Lagerstatt gehen. Dicht an dicht, in 80,cm Höhe übereinander gestapelt, verstummte so nach und nach das Gemurmel, Husten, Kichern und bis um 21:00 Uhr trat relative Ruhe ein. Von den unterschiedlichen Schlafgeräuschen mal abgesehen (Japaner können zwar kein r, aber schnarchen geht doch auch irgendwie).

Es schüttete in Strömen und immer wieder blies der Wind laut um die Hütte.

Um 2 Uhr hat uns niemand geweckt, da war uns fast klar: Wir werden den Gipfel nicht sehen.

Aber ab 2 Uhr kruschtelt (Achtung: schwäbischer Ausdruck) unter uns die andere Mannschaft, Hoffnung keimt auf. Um 3 rascheln die immer noch, auch um 4 und endlich gibt es um 4:30 das Zeichen: Aufstehen, Sonnenaufgang ansehen.





















Aber auch die Sonne hatte so keine rechte Lust. Draußen stürmte es und es war bitterkalt. Die Wolken waren hoch und bis sich dann die ersten Strahlen durchgekämpft hatten, war es schon 6.

Die Guides machten eine klare Ansage: Heute geht niemand zum Gipfel. Auch alle, die in der 8. Hütte darauf warteten, mussten wieder absteigen, da der Taifun noch nicht abgezogen war. Wir schauen zweifelnd zum Gipfel: Blauer Himmel, Sonnenschein, ein paar jagende Wolken. Kann doch nicht so schlimm sein. Das Pärchen, das mit uns reiste, mit den Partner-T-Shirts #Fit4Fuji saß schon um 4 bedröppelt im Gemeinschaftsraum. Entschloss sich dann aber (klar-, bei dem T-Shirt) dazu doch auf zu steigen. Wir haben die beiden dann so um 12:00 bedauert, als der Gipfel wieder komplett in Wolken war und wir den Bericht der beiden Wanderer hörten, die sich in der Nacht zur Spitze auf Händen und Füßen, ohne Sicht, bei Starkregen und Minustemperaturen durchgeschlagen hatten um dann 2 Stunden bibbernd auf den Sonnenaufgang zu warten. O-Ton: „We never expected it that worse!“. Und die beiden kannten sich aus.

Auch wenn wir uns am Morgen noch kurz angeschaut hatten, nach dem Motto: Komm, wir machen das auch was die #Fit4Futji gemacht haben, waren wir dann doch froh, dass wir stattdessen eher zwei gemütliche Tage am Fuji hatten. Wir sind nun mal keine Bergsteiger. 



















Schnell noch an einem Onsen halt gemacht, wir sind jetzt ja schon Profis, was das Baden in Japan angeht. Aber so ein richtiges Gemeinschaftsbad, ist schon was anderes, als im Hotel. Vor allem mit Blick auf den Fuji in einer Wanne mit 42 Grad draußen zu sitzen, hat schon was....

Den ersten Rüffel habe ich allerdings bekommen, als ich mit den Kloschlappen in der Umkleide gesichtet wurde. Kann ja mal passieren. Das Pärchen aus Spanien aus unserer Wandergruppe kam am Einlass gar nicht rein, weil beide tätowiert sind (In Japan ein absolutes No-go! und verboten in den meisten Bädern.) Aber dann war es doch ganz lustig mit den anderen Damen. Da sitzt du im heißen Wasser, hier auch mal außen und kannst den Fuji sehen (wenn es nicht schon wieder neblig gewesen wäre).

Aber irgendwie mutet es für uns Deutsche doch ein bisschen befremdlich an, wenn man sich auf einen Höckerchen vor anderen so reinlich wäscht, bis kein Fitzelchen Dreck mehr dran ist um dann zu den anderen in die Gemeinschaftsbadewanne zu steigen (hier 41,7 Grad Wassertemperatur). Zu Hause wollten die Kinder schon nie in das Badewasser, wenn schon jemand drin saß. Hier ist das ein Kulturgut.

Apropos Kulturgut: der Fuji ist natürlich Weltkulturerbe. 





















Aber als wir wieder die bekannte Skyline von Tokio im Frontfenster des Busses auftauchen sahen, waren wir doch trotz aller Abenteuerlust etwas entspannter. Zumal ein kleines, aber feines Hotelzimmer mit Bett auf uns wartete.






















Und da haben wir Sylkes Wunsch nach einer authentischen Yakitori-Bar erfüllt. Spieße, die es in allen Variationen (Vegetarisch, Fleischig, Fischgig, Innereien....) gibt, werden einfach über Holzkohle gegrillt. Man kann sich alles selbst zusammenstellen und bekommt so ein vielfältiges Essen. 





















Allerdings sind natürlich die Umstände auch sehr authentisch und es ist etwas gewöhnungsbedürftig am Campingtisch im 1. OG über dem Grill zu sitzen.








































Irgendwo da oben rechts ist unser Hotelzimmer.

Jetzt hole ich die Wäsche aus der Hotelwaschmaschine, Uwe ändert und schreibt noch ein bisschen an dem Text rum und dann schlafen wir den Schlaf der Gerechten....




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen