Mittwoch, 3. August 2016

Tag 9

Liebe Grüße aus dem Hotel in Hiroshima. Hier riecht es wie im Altenheim? Wegen dem Freund, der bald 60. wird? Wenn zwei Alte reisen? Nein, weil ich von oben bis untern mit japanischen Heilpflanzenöl eingeschmiert bin. Ich bin krank, tierische Erkältung. Aber das ist irgendwie auch kein Wunder, wenn man von 45 Grad außen in 18 Grad Innen öfter wechselt. Hier sind sogar die Straßenbahnen klimatisiert. Aber nach drei Stunden Mittagsschlaf fühlte ich mich dann wieder ganz in Ordnung.

Der Tag begann ziemlich aufregend. In unserem dörflichen Gasthaus wartete schon er Guide Schingo mit dem Frühstück. er dachte sich, bevor meine Gäste versuchen, ein Fünfminutenei zu bestellen, da weise ich die lieber mal in die japanische Kunst des traditionellen Frühstücks ein.
(Um ganz ehrlich zu sein, die echte Wirkung dieses Beitrages entfaltet sich nur auf nüchternen Magen.)

8.00 Uhr. Wir betreten den Frühstücksraum. Der Samurai ist im Wald (wie sich später rausstellte nur mit dem Freischneider unterwegs, also nix mit Kampf und Schwert und Feuer und Blut). Das Frühstück macht seine Frau. Wir sind die einzigen Gäste.
Der Tisch ist gedeckt mit verschiedenen Schüsseln. 
Man beginnt die Misosuppe zu schlüfen. (Wer schon mal eine Misosuppe zu einem Mittagsmenü beim Essen seiner Wahl hatte, okay. Aber 8.00 sie mitten im Wald mit Inkredenzien, die ich nicht mal im ungekochten Zustand erkennen würde…, na denn: Guten Appetit!)
Die Schüssel  mit Reis wird voll gemacht, der Reiskocher steht am Tischrand, so wie bei uns das Brotkörbchen (Ach lieber Bäcker Laube in Freital, wenn ich heim komme, dann werde ich aber so was von verschiedenen Brötchen kaufen….)
Dann wird eine Packung Erdnüsse aufgerissen, dachte ich. Als der Deckel schon Fäden zieht, wie bei überbackenem Käse, war mir klar, das ist jetzt wohl keine Nuss. Es sind vergorene Sojabohnen. Die werden gerührt, mit Sojasoße gewürzt und die kann man dann kaum essen, weil die Fäden sich wie warmer Käse ziehen, nur ungefähr 3 mal so lang. Man bedenke, man hantiert nur mit zwei Stricknadeln. Der Geschmack? Es geht. Viel Reis dazu, neutralisiert das Ganze.  
Ach den Reis, den hatte Schiego ganz vergessen. Da kommt das Ei ins Spiel, wo ich die ganze Zeit dachte „Das leckere haargekochte Ei, was schon mal die Nacht im Kühlschrank verbracht hat, das hebst Du Dir bis zum Schluss auf!“ Aber es war nicht gekocht, leider. Das rohe Ei wird über den Reis gehauen, Sojasoße dazu und das Ganze dann mit Maximalgeschwindigkeit verrührt. Schüssel in Millimeterabstand vor den Mund (weil schleimig und glitschig) und dann von dort mit den Stäbchen in den Mund schaufeln. 
Dann kommt noch eine kleine Packung ins Spiel, ich dachte es wäre Knäckebrot. Leider waren es Noriblätter und man schmeißt die auf den Reis und wenn man geschickt ist, kann man sich mit den Stäbchen und seinem Reis ein Minisushi basteln (ich war leider nicht geschickt). 
Und gegenüber sitzt Schingo, der keinen Blick von einem lässt und immer fragt „Und? Wie schmeckt es?“

Ich habe dann nur erzählt, das wir auch ein traditionelles deutsches Frühstück haben. Brot mit Blutwurst (das Blut von Schweinen wird mit Würfeln aus Fett und ein paar Gewürzen dazu in den Darm eines Tieres gefüllt, gekocht und in Scheiben auf dem Brot verteilt, das schmeckt auch sehr lecker - uns Deutschen. Ich hoffe, Schingo hat dann auch so einen authentischen Reiseleiter falls er mal nach Deutschland kommt, wie er selber ist.)




















Mit dem Auto aus den Bergen nach Kumamoto zurück. Mit dem Zug nach Hiroshima. 





















Und die Japaner sind wirklich sehr brav. Da man weiß mit der Platzkarte, wo der Zug hält (und der hält da wirklich auf den mm), deshalb stellt man sich schön in eine Reihe, damit es keine Missverständnisse gibt.
Das Gleis ist auch abgeschirmt durch einen Zaun vom Bahnsteig, da ab und an ein Zug mit 300 km/h durch den Bahnsteig donnert, der eben nicht anhält. Wenn in Deutschland ein Zug mit 80 Sachen an einen vorbeizuckelt und man liest dabei Zeitung knapp neben dem Gleisbett, da passiert eben nichts. Hier in Japan sehen die Dinge wirklich anders aus.

Das war dann unser Shinkansen, der einfuhr:




Heute Abend waren wir noch ein bisschen spazieren. Ich dachte bei der Ansammlung von Japanern, was machen denn die alle? 
Ein unauffälliger Blick über die Schulter auf die Displays: 
Die spielen ALLE Pokemon go? Ist das zu fassen? Wir haben uns schlapp gelacht. Wahrscheinlich ist das eine Arena, ich habe keine Ahnung. Aber irgendwie scheint die Welt verrückt geworden zu sein.




















Hiroshima ist sehr beeindruckend und irgendwie unvorstellbar. Die Toten, die es am 6.August 1945 hier gab. 100.000 sofort in der Stadt und keiner weiß genau, wie viele an den Strahlenschäden gestorben sind. Der A-Bomb-Dom ist wie die Frauenkirche als Mahnmal erhalten worden (seit 1996 Weltkulturerbe) und wie in Dresden hat sich die Bevölkerung darüber zerstritten, ob man das Gebäude wieder aufbaut oder ein Mahnmal errichtet.

Abends waren wir Sushi essen bei „Sushi and wine“, da hätten wir gar nicht so weit fahren müssen, gibt es mit gleichen Namen dreimal in Dresden.

Aber ganz ehrlich, kein Japaner scheint mehr Sushi zu essen. Nix mehr mit „It’s only a sushi-bar!“. Das scheint wie mit einem Döner zu sein, den bekommt man auch nicht in der Türkei. Uns jedenfalls hat es geschmeckt und morgen ist ein neuer Tag. wir fahren ans Meer und auf den Heiligen Berg Mt. Misen.

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